Energieversorger
halten sich im Kleingedruckten ihrer Sonderverträge nicht einmal an die
vagen Preisanpassungsregeln der Strom- und
Gas-Grundversorgungsverordnung, die der Bundesgerichtshof als
Mindestanforderung für die Wirksamkeit von Preiserhöhungen festgelegt
hat.
Auf
Klage der Verbraucherzentrale NRW gegen die Energiehoch3 GmbH sowie die
Gelsenwasser AG hat das Landgericht Dortmund jetzt die
Anpassungsklauseln der beiden Anbieter für unwirksam erklärt. Die
Verbraucherzentrale NRW empfiehlt allen Strom- und Gassonderkunden,
gegen Preiserhöhungen stets Widerspruch einzulegen, um ihre Rechte zu
wahren.
In mehreren Urteilen (von Juli 2009 und Juli 2010) hatte
der Bundesgerichtshof (BGH) festgestellt, dass Energieversorger
gegenüber ihren Strom- und Gassonderkunden Preise erhöhen dürfen, sofern
sie die Preisanpassungsregelungen der Strom- bzw.
Gas-Grundversorgungsverordnung (StromGVV bzw. GasGVV) unverändert in die
Sonderverträge übernehmen. Bei Stichproben des Kleingedruckten
ausgewählter Versorger hatte die Verbraucherzentrale NRW entdeckt, dass
einige darin nicht einmal diese Mindestvoraussetzungen erfüllten,
sondern sogar die ohnehin nichts sagenden und völlig vagen
Mindestregelungen der Verordnung noch übertrumpften: Da wurden
„Änderungen der Preise … erst nach individueller Bekanntgabe wirksam“,
obwohl eine öffentliche Bekanntgabe mit sechswöchiger Ankündigungsfrist
vorgesehen ist. Oder es wurde die Information über Preisänderungen nur
per E-Mail als ausreichend erachtet, gleichwohl die GVV eine briefliche
Information vorschreibt.
Auf Klage der Verbraucherzentrale NRW
gegen die Energiehoch3 GmbH sah das Landgericht Dortmund nun in seinem
Urteil vom 14. Januar 2011 (AZ: 25 O 247/11) eine an die GVV (Paragraph 5
Absatz 2) angelehnte Preisänderungsklausel in den Strom- und
Gaslieferungsverträgen des Versorgers als unwirksam an. Die
Argumentation des Anbieters, dass er seine Kunden lediglich per E-Mail
über Preisänderungen informieren müsse, weil dies der gesetzlich
vorgeschriebenen brieflichen Information gleich stehe, kassierten die
Richter ein.
Weil Kunden eine E-Mail leichter als einen Brief
übersehen könnten, sei die elektronische Nachricht über die
Preiserhöhung nicht als gleichwertig anzusehen.
Weil die Klausel
zudem auf die öffentliche Bekanntgabe sowie auf die sechswöchige
Ankündigungsfrist für Preiserhöhungen verzichte, weiche sie von der
gesetzlichen Regelung ab. Darin sah das Gericht eine unangemessene
Benachteiligung der Kunden und erklärte die Geschäftsbedingung für
unwirksam.
Gegen das Urteil des Dortmunder Landgerichts hat die
Energiehoch3 GmbH Berufung beim Oberlandesgericht Hamm eingelegt und
dort eine Aussetzung des Verfahrens beantragt, bis der Europäische
Gerichtshof (EuGH) in dem Verfahren der Verbraucherzentrale NRW gegen
RWE entschieden hat. Dort lassen die Verbraucherschützer derzeit klären,
ob Energieversorger die vage Regelung des Paragraphen 5 GasGVV
überhaupt in ihre Verträge mit Sonderkunden übernehmen dürfen. Damit
steht sogar die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf dem Prüfstand:
Denn kommt der EuGH zum Ergebnis, dass die verwendeten Klauseln
unzulässig sind, wären alle Preiserhöhungen in Sonderverträgen ohne
Rechtsgrundlage vorgenommen worden, sodass die Kunden dann Geld
zurückverlangen könnten.
Auch in einem parallelen Verfahren gegen
die Gelsenwasser AG war die Verbraucherzentrale NRW erfolgreich: Eine
dem Kleingedruckten von Energiehoch3 teils gleich lautende
Preisänderungsklausel hat das Landgericht Dortmund (Urteil vom
27.04.2011, Az.: 8 O 473/10) jüngst ebenfalls für unwirksam erklärt.
Auch darin war keine Verpflichtung zur brieflichen und öffentlichen
Bekanntgabe vorgesehen und dort wurde ebenso auf die sechswöchige
Ankündigungsfrist für Preiserhöhungen verzichtet. Auch die Gelsenwasser
AG hat Berufung eingelegt.
www.vz-nrw.de/musterbrief-gasgibt es bei der Verbraucherzentrale NRW Musterbriefe für den Widerspruch gegen unwirksame Preiserhöhungen.